– über das Studium –
Momentan ist es hier leider etwas ruhiger geworden, als ich das gerne hätte. Und ich kann noch nicht einmal behaupten, dass es an einer hohen Arbeitsbelastung seitens der Uni liegen würde, sodass einfach keine Zeit bleibt. Eher das Gegenteil ist momentan der Fall, ich verbringe wenn es hoch kommt 10 Stunden in der Woche mit einem Vollzeitkurs (was 40 Wochenstunden Arbeit entspricht). Und trotzdem ist die Motivation gerade im Moment nicht so wirklich vorhanden.
Das liegt wohl auch am momentanen Kurs, den ich habe: „Ecotechnology“ ein 15 Credit Projektkurs, er geht also über das halbe Semester und hätte ich nicht jetzt gerade noch endlich einmal Schwedisch angefangen und den optionalen Donnerstags Seminarkurs, dann wäre es mein einziger Kurs. So sagt es auch der Studienplan. Inhalt dieses Kurses, von dem ich mir endlich mal wieder etwas mehr technisches erhofft hatte, ist die Ausarbeitung eines Projekts, dass im Zusammenhang mit aktueller Forschungsarbeit des Departments steht.
Klingt soweit ja erstmal gut, nur leider ist es in der Praxis dann doch nicht so berauschend. Ecotechnology wird hier als alles verstanden was eine Alternative zur klassischen Technologie ist. Also die Nutzung von Mikroben, Pflanzen usw. um die gleichen Ziele zu erreichen, die man sonst großtechnisch anstreben würde. Und da einer der Kursbetreuer sich momentan in Nicaragua aufhält und mit der dortigen Universität kooperiert, kamen alle Themenvorschläge aus diesem Bereich.
Zur Auswahl standen 7 Projekte, die sich allesamt mit Pflanzen befassen. Meistens ging es dann auch noch um die Nahrungsmittelproduktion und ich muss gestehen, dass ich abgesehen von einem Thema, mit keinem etwas anfangen konnte. Da war kein Plan, keine Idee, nicht mal der Hauch von einer Motivation wie und warum man das jeweils angehen sollte. Denn die Formulierungen waren zwar schwammig, aber konkret und spezifisch genug, um es so einzuschränken, dass ich mit dem Thema nichts anfangen konnte.
Die einzige Ausnahme war „Bioenergy based on bamboo as a renewable source of energy“ – erneuerbare Energie aus Bambus. In dem Gebiet habe ich zumindest schon ein paar Vorkenntnisse und ich weiß auch, wie man sich mit so etwas kritisch auseinander setzt. Da zu zeigen warum es (k)eine gute Idee ist wäre möglich und würde tatsächlich auch Spaß machen. Nicht zuletzt könnte man noch etwas neues und andere Blickwinkel kennenlernen.
Doch wie es so ist hat sich auch noch eine zweite Gruppe für das Thema interessiert und die Zusage bekommen, während wir uns mit der zweiten Wahl zufrieden geben mussten: Phytoremediation von Toxaphene in der Chinandega Region, wobei wir mit Hilfe des DPSIR-Ansatzes die passendste Technologie finden sollen…
Wer jetzt nicht so ganz mitkommt worum es geht, dem werde ich es hier nochmal in Deutsch wiedergeben: Phytoremediation ist in diesem Falle die Aufnahme von Schadstoffen, die sich im Boden befinden, durch Pflanzen. Der Schadstoff um den es gehen soll ist Toxaphene, ein ehemaliges Insektizid, das schon länger verboten ist, aber sich nicht richtig abbaut, da es zu den stabilen organischen Schadstoffen zählt. Und der DPSIR-Ansatz ist der, den ich eigentlich noch aus Deutschland hätte kennen sollen, aber mich in einer vorherigen Klausur nicht mehr dran erinnern konnte, wofür die Buchstaben gleich wieder stehen: Driver, Pressure, State, Impact und Response, dass werde ich jetzt wohl nie mehr vergessen, denn es hängt mir sowas von zum Halse raus 🙁
Auch wenn das Thema mir absolut nicht zugesagt hat und ich keine wirklich Idee habe, wie es anzugehen ist, bringt es ja nichts den Kopf in den Sand zu stecken. Zum Glück bin ich in einer Gruppe gelandet, mit der ich gut zusammenarbeiten kann, also haben wir gemeinsam angefangen uns in das Thema einzuarbeiten. Nach kurzer Zeit sind wir uns jedoch einig geworden, dass wir da in eine ziemliche Sackgasse geraten. Denn da wir keine eigenen Untersuchungen durchführen, sind wir vollständig auf das Material angewiesen, was wir finden.
Und das war hinsichtlich der DPSIR-Methode in der Verwendung als Vergleich verschiedener Alternativen nicht viel: Denn dieser Ansatz ist grundsätzlich zur Beschreibung von Problemen entwickelt worden und wird eigentlich auch nur so verwendet. Naja, ein wenig Infos gibt es und etwas muss man ja auch selber machen. Um jetzt aber verschiedene Ansätze vergleichen zu müssen, braucht man Infos über eben diese, wie auch allgemeine Daten über die Situation und Region.
Zur Region findet man immerhin ein paar grundlegende Daten, Bevölkerungsdichte usw. Doch wie die Beschäftigungsverhältnisse aussehen, das Bildungsniveau oder gar Daten über die aktuelle Agrarsituation, sind nicht wirklich aufzutreiben. Noch besser wird das ganze, wenn man sich die Schadstoffe ansieht, das es ein grundsätzliches Problem gibt ist bekannt, aber viel mehr auch nicht. Wie man da dann sinnvolle Annahmen treffen soll ist mir ein Rätsel, denn von den Konzentrationen hängt im weiteren Verlauf ziemlich viel ab, u.a. die Dauer der Remediation oder ob die Verwendeten Pflanzen zu irgendwas zu verwenden sind, oder aufwändig vernichtet werden müssen.
Achja, Infos über die Schadstoffaufnahme sind auch ziemlich rar. Bezüglich Toxaphene gibt es sage und schreibe eine einzige Studie, die sich mit dem Aufnahmeverhalten einer einzigen Pflanze befasst – wie soll man so etwas vergleichen? Wie soll man so eine zu favorisierende Alternative finden, wenn man nur über eine Pflanze überhaupt nur ansatzweise Daten findet?
Wie man merkt, hat die Begeisterung im laufe des Projekts immer weiter zugenommen- was wir dann auch gegenüber unserem Betreuer zum Ausdruck gebracht haben. Mit dem Resultat, dass das doch alles nicht so schlimm sei, dass die Information, welche Daten fehlen und wo weitere Studien noch nötig wären doch auch sehr hilfreich sei und wir uns nicht an die Aufgabenstellung halten bräuchten sondern das zu unserem Projekt machen könnten, solange es etwas mit Nachhaltigkeit zu tun hätte…
Das ganze scheint mir irgendwie auch etwas typisch für Schweden, bzw. zumindest mein bisheriges Studium zu sein. Man bekommt zwar eine relativ einschränkede und spezifische Aufgabenstellung, aber das was von einem tatsächlich erwartet wird ist wesentlich offener. Das ist zwar angenehmer als anders herum, aber doch ungewohnt und regt mich nicht gerade zu Höchstleistungen an 😉
So bin ich momentan dann auch mit diesem Vollzeitkurs mit 15 Credits auch so ca. einen Arbeitstag pro Woche beschäftigt – wenn es hoch kommt. Und dabei bin ich nicht unproduktiver als die anderen und wir haben in der Gruppe auch nicht das Gefühl hinter dem Zeitplan zu liegen. Aber zu wissen, dass das Ergebnis keinen wirklichen Wert hat und man zu dritt so viel weniger macht, als allein in der Bachelorarbeit (gleiche Creditzahl) macht es nicht gerade angenehm.
Immerhin wird mir immer mehr klar, dass (diese) wissenschaftliche Arbeit nicht meine Welt ist. Mir fehlt doch eindeutig das technische aus dem Bachelorstudium und ich merke, dass ich gerne auch ab und zu etwas Praktisches machen würde, wie in der Bachelorarbeit und vor allem im Praktikum. Leider wird das im weiteren Studienverlauf nicht so einfach einzubringen, denn dieser Bereich ist hier an der Uni nicht wirklich vertreten. Und auf ein Distanzstudium habe ich nicht so wirklich Lust, ebenso wie von hier weg zu gehen… Muss mal sehen und einen Termin mit Anders, unserem Studienkoordinator machen, vielleicht gibt es ja doch einen guten Vorschlag für die Wahlkurse im nächsten Semester.
Immerhin scheint es in der nächsten Woche mal wieder Polarlichter zu geben, leichte waren jetzt schon zu sehen und für alle die es bis hierhin durchgehalten haben gibt es hier ein Bild davon 😉